Tja liebe Leute, es ist mal wieder an der Zeit, sich Gedanken über das schöne Wort „eigentlich“ zu machen. Was eigentlich bedeutet dieses „eigentlich“? Eigentlich wollte ich z. B. das Spiel in Leverkusen gar nicht vor Ort verfolgen. Schließlich gab es dort in der Vergangenheit nichts, was mich animiert hätte, mir diese Erfahrung dieses Jahr wieder anzutun. Dann aber kam das Spiel gegen Schalke, und ich beschloss im Siegesrausch, dass ich diese Begegnung eigentlich nicht verpassen kann. Also flugs über den Präsidenten ein Ticket organisiert und mich schon einmal innerlich auf den unsausweichlichen Auswärtssieg eingestimmt. Leider wurde die Vorfreude durch gewisse Vorkommnisse letzt Woche in München getrübt, so dass die Anreise aus der schönsten Stadt der Welt mit einem durchaus indifferenten Gefühl erfolgte.
Treffpunkt aller 96-Kölschen und Sympathisanten war das Gaffel am Dom, in welchem um kurz nach zwölf noch ein überschaubarer Besucherandrang vorherrschte. Na gut, da hat der Köbes mehr Zeit für uns – und das war uns eigentlich auch wieder ganz recht. So nach und nach fand sich dann auch eine ansehnliche Menge von uns zusammen, wenn auch offensichtlich nicht jeder (schon wieder) Bierdurst hatte. Aber das wurde mit der Zeit.
Gegen vierzehn Uhr Ortszeit erfolgte dann der Aufbruch zum Bahnhof, um sich vor der Abfahrt noch mit Dosenbier (macht schlau!!!) einzudecken. Aber halt! Was war das? Ein Menschenauflauf an bzw. auf der Domtreppe. Papstbesuch? Vorgezogene Demo zum 1. Mai? ABBA-Reunion??? Alles falsch! Menowin war angekündigt und das Volk stand Kopf. Für einen kurzen Moment überlegten wir, Fußball, Fußball sein zu lassen, um uns dieses Spektakel anzuschauen, entschieden uns dann aber dagegen. Wenn wir schon Karten haben, können wir eigentlich auch hingehen…
Auf der strapaziösen Fahrt mit der S-Bahn folgte dann der erste Auftritt der 96-Kölsch-Chöre. Aus traditionellem Liedgut und modernen Einflüssen entstand ein Medley zeitgenössischer Fußball-Hits, das Gotthilf Fischer, so er denn anwesend gewesen wäre, garantiert die Tränen der Rührung in die Augen getrieben hätte. Und eigentlich hätte die Fahrt ruhig noch etwas länger dauern dürfen.
Im runderneuerten Stadion in Leverkusen angekommen, erwartete uns dann eine Überraschung. Es wurde, im Gegensatz zu den letzten Jahren, Vollbier gereicht. Fand ich eigentlich ganz gut. Und bezahlen konnte man mit Hilfe der Geldkartenfunktion der Scheckkarte. Wahnsinnig progressiv. Also bis hierher hatte der Tag die Erwartungen wirklich mehr als erfüllt.
Tja, und dann kam das Spiel. Leverkusen geht mit der ersten richtigen Chance in Führung und dann kam der Auftritt des Herrn Kinhöfer. Der Mann kommt aus Herne, das wo, wie der Jürgen sagen würde, quasi ein Vorort von Bochum ist. Das ist noch nicht weiter schlimm – schlimm ist, dass der gute Mensch am Samstag Schiedsrichter war. Erst gibt er den Ausgleich für 96 nicht. Okay, dass kann man so interpretieren. Dann weigert er sich, Hyypiä für eine Notbremse vom Platz zu stellen. Zu guter letzt übersieht er als Einziger im Stadion ein klares Handspiel im Strafraum von Friedrich. Also für uns war der nicht! Aber trotzdem waren die Roten gar nicht soooo schlecht. Schöne Chancen durch Balitsch, Bruggink und Hanke blieben ungenutzt, und dann kam was kommen musste: Konter zum 2:0 und Konter zum Elfmeter – 3:0.
Und schon sind wir wieder beim „eigentlich“. Eigentlich habe ich schon viel schlechtere Spiele von den Roten gesehen, die sie nicht verloren haben. Aber wahrscheinlich stimmt der Spruch mit erst kein Glück und dann auch noch Pech. Na wenigstens hatte die Konkurrenz auch verloren, so dass 96 es immer noch in der Hand hat, sich aus eigener Kraft zu retten.
So mussten wir also geschlagen die Rückfahrt nach Kölle antreten. Trotzdem mussten wir wieder für die musikalische Untermalung der Fahrt sogen. Warum eigentlich? Weil die Leverkusener Fans, so denn welche zugegen waren, dazu nicht willens oder nicht in der Lage waren. Wahrscheinlich beides.
Zurück in Köln teilte sich der Mob dann in zwei Gruppen. Die eine ging zur Schlagernacht in der Köln-Arena. Tolerant wie wir sind, hat der Rest sie dafür nicht beschimpft. Dieser Rest verzog sich wieder ins, oder besser ans Gaffel, denn dieses Mal besetzten wir einen Tisch im Außenbereich. Auch hier wussten wir musikalisch zu überzeugen. Mancher Jungesellinnen-Abschied kam wahrscheinlich nur wegen uns mehrfach vorbei. Gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zufolge hat das Gaffel schon angefragt, ob man uns jedes Wochenende mieten könnte, um den Umsatz im Bereich der Außengastronomie anzukurbeln. Die Verhandlungen sind aber noch in einem sehr frühen Stadium. Auch erste Anfragen für Taufen und Bar Mizwas soll es schon gegeben haben.
Nach dem Gaffel folgte dann eine Art Ausscheidungstrinken, bei dem die Anzahl der Teilnehmer von Kneipe zu Kneipe kleiner wurde. Kritisch angemerkt werden muss allerdings, dass unser musischer Input in keiner dieser Lokalitäten mehr gefragt war. Ganz schön spießig für eine Stadt, die sich gerne als Hochburg des Frohsinns und der Lebensfreude darstellt. Nun gut, so bröselte die Gruppe dann nach und nach auseinander, bis irgendwann in irgendeinem Irish Pub der finale Vorhang fiel. Und eigentlich war es dann auch genug!
Fazit: Eigentlich eine ganz nette Auswärtsfahrt. Das Ergebnis hätte positiver ausfallen können. Aber wenn wir immer nur gewinnen wollen, müssen wir wohl Bayern-Fans werden. Und so lange das nicht der Fall ist, und das wir er NIEMALS sein, müssen wir halt mit den kleinen Unzulänglichkeiten unserer roten Götter leben.
PS: Und ich bin mir immer noch nicht sicher, was eigentlich „eigentlich“ bedeutet…
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