“… vielleicht nach Poltawa, vielleicht nach Mailand, vielleicht nach Teneriffa, eine Woche Sandstrand!”
So und nicht anders singendie Fans von Hannover 96 seit Beginn der Rückrunde 2010 / 11. Und so sollte espassieren, dass sich Axel, Daniel und Gereon am Mittwochmorgen in aller Herrgottsfrühe aufmachten, um sich um 6.30 Uhr am Flughafen Köln / Bonn zutreffen. Ein erstes Bierchen im Terminal (Axel schwächelte noch) und drei Hülsen für dieFahrt am Duty Free-Shop erworben. Interessanterweise fragt die Verkäuferin: “Wollen sie die Biere gekühlt?”, verschwand hinter den Kulissen und kam mit drei eiskalten Dosen zurück – ein sehr schöner Service. Der Flug verlief ruhig, Gereon hatte mit XL-Seat-Boarding die erste Reihe für die 96 KÖLSCHenfreigeblockt, wobei das Duty-Free-Bier verbotenerweise bereits an Boardverzehrt wurde (Axel tank aus seinem Kaffee-Becher, die anderen beiden aus derin eine Zeitung gehüllten Dose. Spektakulär!
Beim Anflug auf Kiew konnte man die Vergangenheit des Piloten als Kampfflieger einer MiG eindrucksvoll bewundern: Er deutete sein Können mit einer engen Schleife um die Schornsteine des lokalen Kraftwerks an. Die Einflugschneise führte uns vorbei an vielenHochhäusern, deren Bewohnern wir durch das Bullauge zuwinken konnten. Der Flughafen von Kiew Zhulyany (sprich: “Suldschánie”) ist sehr weitläufig und dadurch geprägt, dass auf den Rasenflächen eine Vielzahl an Flugzeugen geparktist – bei einigen merkt man an, dass die schon seit einigen Jahren unberührt dort stehen und den Kampf gegen die Korrosion verlieren werden.
Ukrainische Zollbeamte stempeln gerne, daher dauerte die Einreise ein wenig länger. Und obwohl wir in der ersten Flugzeugreihe saßen, brachten wir das Kunststück fertig, als letzte ins Land eingelassen zu werden. Hieran müssen wir noch feilen. Außerhalb des Terminals trafen wir sogleich eineweitere Gruppe 96er, die sich einen Neuner-Mercedes samt Fahrer für einige Tage gemietet hatten (wo bleibt da nur der Entdeckergeist von Humboldt?!?) und damit sowohl Kiew als auch Poltawa unsicher machen wollten. Wir orientierten uns Richtung Bushaltestelle, wo den Infos von Lohse-Reisen zufolge der Bus Richtung Bahnhof abfahren sollte. Von einheimischen Mitfliegern haben wir jedoch erfahren, dass der Bus an anderer Stelle abfährt, also dorthin und in einen herrlich alten Bus Marke Eigenbau eingestiegen. Nach der Busfahrt lag der Bahnhof noch einen guten Fußmarsch durch ein weitläufiges Kasernengebiet entfernt: Hier schien gerade die Generalmobilmachung der Ukraine vonstatten zu gehen, hunderte Soldaten säumten die Plätze rund um den Bahnhof. Nach dem Ticketkauf (1. Klasse, acht Euro für 370 km) blieb noch genug Zeit, um mit unseren neuen Bekanntschaften Essen zu gehen, wobei diese uns zwar in einsehr leckeres Lokal führten, es dann aber doch vorzogen, an einem anderen Tisch zu speisen. Der Professor und sein stiller Begleiter.Das Essen, bestehend aus Leckereien wie Lebertorte, Soljanka und Warenicki warlecker, das Bier durststillend. Nach dem Essen wurde die stalinistische Eingangshalledes Bahnhofs bewundert und im überdachten, bahnhofsnahen Biergarten Bier und Wodka probiert. Kurz vor der Abfahrt haben wir vor dem Bahnhof zum ersten Mal einen abgeordneten der Enklave Oberbayern getroffen, der aber einen Zug später gebucht hatte.
Der Zug wurde gut erreicht, an jeder Tür des Zuges standen zwei Kontrolleure, Schwarzfahren ist hier quasi nicht möglich (Philipp: aufgepasst!). Unsere Mitreisenden staunten nicht schlecht, als wir unserenVorrat an Bierdosen – 14 0,5er an der Zahl, maximal zwei Exemplare einer Sorte – auspackten. Ein Herr (im weiteren wird er “der Professor” genannt werden) machte uns darauf aufmerksam, dass Alkoholtrinken im Zug nicht erlauft sei (“Drinking beer is not a culture!”), ansonsten (mit einer Handbewegung, die Handschellen andeuteten): “Deutschland kaputt!” Wir setzten uns über dieses Verbot hinweg und öffneten auch gleich eine Flasche für einen weiteren Mitfahrer, der seinerseits vorgab, ein Polizist zu sein, früher Grenzsoldat warund nun für einen Sicherheitsdienst arbeitet. Der dritte (stille) Mitfahrer ist nicht sonderlich aufgefallen, schien aber die ganze Szene irgendwie zugenießen. Der Professor beanspruchte den Tisch als 96 KÖLSCH mit Ron ZielerArbeitsfläche für sich undschrieb wichtige Dinge in arabischer Sprache auf, nicht ohne uns vorher noch zuverstehen zu geben, dass es nicht richtig sei, in ein Land zu reisen, ohne sichüber dieses informiert zu haben und ohne Englisch sprechen zu können. Im Zuge einer Ruhepause der 96 KÖLSCH-Teilnehmer hielt der Professor einen 30-minütigen Monolog für seine zwei ukrainischen Mitstreiter. Am ersten “Unterwegsbahnhof” (O-Ton Deutsche Bahn) wurde der Professor hellhörig, als Gereon einen Kurzbericht über die Stadt vorlas, wandte sich dann aber an uns, um unsmitzuteilen, dass Wikipedia veraltet sei und zudem falsch: “This is not ‘a’ truth. I will tell you the truth.” Den dritten Artikel lies er sich übersetzen, berichtete tatsächlich einige Anekdoten über die Stadt und konnte über eine Unklarheit aufklären. Man gewöhnte sich so an einander. Selbredend war auch das Wodka-Fläschen geleert worden. Der Grenzsoldat hatte inzwischen das dritte Bier von uns bekommen und war ebenfalls vergnügt. In Poltawa angekommen sahen wir unsere Busbekanntschaft wieder, grüßten sie freundlich (der Professor wollte sie wegscheuchen) und sie besorgten uns ein günstiges Taxi zum Hotel
Dieses war von außen nicht unbedingt als solches zu erkennen, aber innen wartete eine Swetlana an der Rezeption, die uns die Zimmer zeigte. Kurzer Check-in, 96 KÖLSCH mit SlomkaToilettengang und Bettenverteilung und schließlich sind wir mit unserem lieb gewonnenen Taxi-Chauffeur, der auf uns wartete, zum Team-HotelPalazzo durchgestartet. Von außen betrachtet, stellte Daniel fest, dass Schlaudraff scheinbar gerade Bier trinkt, also sind wir rein. Drinnen einen netten Tisch bekommen, ein leckeres Abendessen verspeist (sehr delikates Boeuf Stroganoff und eine Pizza Bavaria) und wieder Christoph aus dem Dunstkreis der Enklave Oberbayern mit seinen in Kiev eingesammelten Begleitern Malte und Thorsten getroffen.
Tommy Westphal kam zu uns an den Tisch, um uns zu erzählen, dass morgen um 11 Uhr Abschlusstraining im Jugendstadion von Worskla sei, dann kam der Reihe nach die Mannschaft bei uns vorbei, die meisten mit einem fröhliichen Lächeln auf den Lippen. Herr Zieler wurde zuerst um ein Foto gebeten, es folgten die Herren Pogetetz, Lala, Gorgas, Sievers, El Maestro und Slomka sollten folgen, wobei anzumerken ist, dass es sich Herr Ismael nicht nehmen lies, uns mit Herrn El Maestro zu fotografieren. Herr El Maestro informierte uns über das Potential der Spieler von Poltawa (“Die Neun ist stark, Siebenzwanzig und hinten links sind okay, der Rest kann wenig.”), Herr Sievers präsentierte uns sein wissen von 96 KÖLSCH (“96 KÖLSCH? Was ist das denn nun wieder? Ich habe im Stadion schon öfters eure Fahne gesehen…”), Herr Slomka erkundigte sich über unsere Anreise (“Und wie seid Ihr hier?”). Allerdings sei erwähnt, dass sich diese Frage im Laufe des Abends als Standard-Smalltalk-Einstieg herausstellte. Während wir speisten, begrüßten uns Rolf Rollo Fuhrmann und Hansi Küpper am Tisch, neben der obligatorischen Frage der Anreise wurde auch über unserere Rückreiseplanung mit dem interessierten Kommentator Küpper, welcher für Kabel 1 das Spiel im TV begleiten sollte, gesprochen. Axel besteht darauf, dies alleine mitgeteilt zu haben, Daniel nimmt für sich in Anspruch auch an dem Gespräch beteiligt gewesen zu sein. Sei es, wie es ist, die Wahrheit liegt immer noch auf dem Platz! Zum Schluss Bus mit Werbung für Goslaer Zeitung in Poltawa (Ukraine)wurde die Rechnung bestellt (“Check Tommy”), die Rechnung mit 96 KÖLSCH unterschrieben und jeder ging glücklich nach Hause. Anschließend ging es mit den Oberbayern noch ein wenig durch Poltawa, wobei sicherlich niemand der Mitgereisten diese Wanderung auf der Karte nachzeichnen könnte. Der Abschluss erfolgte in einem Schnapsladen (um 3 Uhr nachts!), danach gins zurück ins Hotel. Die erworbenen Waren wurden im Hotelzimmer verzehrt, dann gings ins Bett. Pünktlich zum Abschlusstraining war der Großteil der 96 KÖLSCHen auf den Beinen, der verbliebene Teil lies sich den vergangenen Abend noch einmal durch den Kopf gehen. Axel und Gereon gingen in einer belebtenBäckerei frühstücken, und irgendwie wurde auch die Sprachbarriere überwunden. Plötzlich stand ein Bus mit Werbung für die Goslarsche Zeitung vor der Tür, es sollte nicht das letzte Mal sein, dass wirdiesen Bus sahen. Bevor wir Daniel abholten und mit der Hotel-Swetlana diskutierten, ob wir für Daniel eine zweite Übernachtung bezahlen müssen, wurde noch Geld in einer Bank umgetauscht: Der Schalterraum wurde von einem bewaffneten Soldaten bewacht. Zu Fuß ging es dann durch große Straßen und militärische Ehrenmale Richtung Stadtmitte. Hierbei seien alle Leser der HAZ informiert, dass die Stadt mehr zu bieten hat als einen McDonalds. Es scheint eine Art der Verarbeitung der Zeiten des eisernen Vorhangs zu sein, die Häuser möglichst bunt zu gestalten. So gibt es ganz in pink gehaltene Häuser neben gelben und orangen Bauwerken, dazwischen aber auch immer noch viel grau in grau.
Erste Aufgabe des Tages für die Reisegruppe war der Erwerb einer Rolle Schnur bzw. Band, um die Pyromanen-Fahne in ihrer ganzen Pracht im Gästeblock präsentieren zu können. Tatsächlich wurde ein Haushaltswarenladen ausgemacht und in einer Mischung aus perfektem Kyrillisch und Englisch unser Anliegen einem jungen Herren vorgetragen, der gerade aus dem Aufenthaltsraum des Ladens kam und sich während unseres Gesprächs ganz gemütlich die Hose zuknöpfte und seinen Gürtel verschloss. Die Chefin des Ladens, welche gemütlich, uns nicht beachtend im zweiten Verkaufsraum rauchend herumstand, kam dazu und uns wurde mitgeteilt, dass sie keine Schnur im Sortiment führen, aber die Straße herunter gebe es einen Laden, in welchem wir fündig werden würden. Beim Verlassen des Ladens bemerkte Axel ein stolzes Schnursortiment, kurz wurde die Frage besprochen, ob sie uns verarschen wollen und dann wurde kurzerhand das Band für 80 Cent erworben. Und um die Frage zu klären, sie wollten uns wahrscheinlich nicht verarschen, aber es gab in diesem Moment fast nicht zu überbrückende sprachliche Differenzen, Axels Adleraugen retteten die Situation. Dafür ist er eben auch unser Präsident! Anschließend bummelten die Reisegruppe noch über einen Kleidermarkt mit gefühlt 500 Geschäften, wobei jeder Laden nur zwei bis vier Quadratmeter groß war. Der Weg zwischen den Läden war maximal zwei Meter breit und das ganze war wie ein Labyrinth angeordnet. Unglaublich!
Als der Hunger uns übermannte, kehrten wir in eine Lokalität ein, auf deren Treppe nach unten eine kurzberockte, netzstrumpftragende Dame telefonierte, die direkt vor uns die Treppe hinabschlich. Unten angekommen sahen wir in ein schwarzes Loch. Es sei natürlich klargestellt, dass wir unten troz der Dame kein Rotlicht erwarteten, sondern einzig und allein Hunger hatten. Unten angekommen klärte uns die Restaurantleiterin, eine zweite Dame die uns aus der Dunkelheit erschienen war, auf, dass es einen Stromausfall gibt und wir gerne speisen dürfen, aber eben im Dunkeln oder im Straßencafé Platz nehmen müssen. Der schon länger verzweifelt durch jegliche Geschäfte huschende Präses versuchte erneut sein Glück, eine Postkartenerwerbungsquelle aufzutun und wurde von ihr auf den richtigen Weg gebracht. Gereon bei Bier und Daniel aus gesundheitlichen Gründen bei dunkler Brause machten es sich im zugigen Straßencafé gemütlich. Als Snack wurde überzeugendes Trockenfleisch gereicht, die deutschen Gäste mussten schließlich bei Laune gehalten werden. Ein überglücklicher Axel trat uns unter die Augen, der nun zwar nicht über Postkarten, dafür aber über eine Bilderreihe poltawischer Schnappschüsse verfügte, die auseinandergerupft und in Briefumschlägen an die lieben Daheimgebliebenen verschickt werden konnte. Fertiggestellt wurde die Karten im Umschlag im Keller, der nun dank Kerzenlicht einen würdigen Rahmen für unser Mittagsmahl bildete. Im Keller wurden die “Karten” geschrieben, netter Weise wurde Axel von der Restaurantleiterin das kyrillische Wort für Deutschland vorgemalt, um es selbst als eine Art Kunstwerk auf seinen Briefumschlägen platzieren zu können, damit sie auch ihre Zielorte in Deutschland erreichen konnten. Alle Karten von Axel fanden übrigens ihren Weg zu den Empfängern!
Die Essensbestellung gestaltete sich schwierig, da die Karte einzig und allein in der Landessprache gestaltet war. Dank perfekter Reisevorbereitung durch Axel, verügten wir jedoch über ein Nachschlagewerk der beliebtesten und besten ukrainischen Speisen. Ein paar Begriffe in den Raum geworfen und kurze Zeit später stand unser Mittagsmahl auf dem Tisch. Es war hervorragend!!! Grundsätzlich muss noch berichtet werden, dass es eine Restaurantkultur, wie wir sie im westlichen Europa kennen, nicht gibt, sondern ein kleiner Gewaltmarsch quer durch die Stadt von Nöten ist, um eine geeignete Lokalität zu finden. Anschließend erkundeten wir den Weg zum Spielort, umkreisten das Stadion und besichtigten den Treffpunkt mit unserem Taxifahrer, ein Parkplatz vor dem Dynamo-Stadion, von wo aus er uns direkt nach dem Abpfiff zum Flughafen bringen sollte. Mehrere Wegvarianten wurden diskutiert, der Weg vorbei an der potentiellen “Poltawa-Hooliigankneipen” wurde verworfen und Gereon entdeckter Dank der Gastfreundschaft eines Häuslebesitzers neben dem Stadion einen Weg durch dessen Vorgarten und einen Hinterhof hindurch. Gereons Lockerheit ging trotdem etwas flöten und er wollte gefühlt schon kurz nach dem Anpfiff des 96-Spiels das Stadion verlassen, um auf jeden Fall den Flieger zurück nach Köln zu erreichen. So ging ihm auch das Warm-up-Spiel durch die Lappen, welches Axel und Daniel im Dynamo-Stadion verfolgten und welches durch eine Rote Karte mit spektakulärem Abgang des Spielers gekrönt wurde.
Wir begaben uns auf den Weg zurück zum Stadion, erwarben einen großartigen Match-Schal, auf welchem die Spielpaarung u. a. auf kyrillisch erfolgte. Neben dem Stadion wurde ein Restaurant aufgetan, in welchem sich einige gut betuchte Ukrainier auf das Spiel einstimmten. Ein halber Liter Wodka pro Person gehört hier dazu, neben irgendeinem undefinierbaren rotem Gesöff. Wir blieben beim Bier, assen erneut gut und langsam füllte sich die Lokalität mit Hannoveranern. Erst traf die Gruppe Pressler ein, anschließend der 96-Club Hamburg und zu guter Letzt noch die Reisegruppe des Silberfliegers aus Hannover. Gemeinsam wurden ein, zwei Liedchen geträllert und schon ging es ins Stadion, wo jeder beim Besteigen einer Treppe, die zum Block führte, dreimal hintereinander gefilzt wurde – tatsächlich im Abstand von jeweils ein bis zwei Metern. Selbstredend wurden uns auch unsere nicht vorhandenen Feuerzeuge abgenommen (Axel meint, dahinter steckte die Miliz und die Drogenfahndung!). Nun gut, warum auch nicht.
Im Stadion angekommen wurde Alex geherzt, die Pyromanen-Fahne auf- und umgehängt und gleiches passierte mit der 96 KÖLSCH-Fahne, die erst mittig hinter dem Tor hing, dann aber auf Anraten von Ultra-Jannis in die Ecke über einen im Stadion parkenden Krankenwagen platziert wurde. Das Spiel begann fahrig, doch dank Moa wendete sich das Blatt zu Gunsten der Roten Götter. Kurz vor der Halbzeit erhöhte Thunder-Pander auf 2:0, nachdem Moa in bester Rabah Madjer-Manier den Ball knapp verfehlt hatte. Tatsächlich war der Halbzeit-Tee vergiftet, der FC Worskla verkürzte und es wurde eine wahre Zitterpartie. Dies war doppelt hart für Dr. Gereon, da er eh schon mit einer Pobacke im Taxi sass und nun sein Plan, nach dem 0:5 das Taxi zu besteigen (hätten Axel und Daniel eh abgelehnt) zu scheitern drohte. Die Heimfans forcierten noch ihre Liebe für deutsche(n) Schweine(braten) und letztendlich konnten wir nach dem Abpfiff den ersten Dreier auf der Habenseite verbuchen. Da Gereon mittlerweile vor Aufregung rot angelaufen war, erlebten wir den Abpfiff auf der Treppe zum Ausgang, um direkt mit dem Abpfiff einen Personenbeförderungswagen vor dem Stadion zu besteigen, der uns zum Dynamo-Stadion, unserem Treffpunkt mit dem Taxi bringen sollte. Für zwei Dollar erledigte der Taxista seine Aufgabe mit Bravour und kurz darauf sassen wir in unserem Flughafen-Taxi, welches in der Zwischenzeit unser Gepäck aus dem Hotel geholt hatte.
Anfangs tuckerten wir mit 80 km/ h über die Straße (Gereon: “Oh nein, so schaffen wir das NIE!!!”), doch irgendwann nahm unser Taxi Fahrt auf und raste über die Buckelpiste / Autobahn. Gereons Puls beruhigte sich und er konnte wieder sowohl feste als auch flüssige Nahrung aufnehmen (nachdem er vor lauter Aufregung die Nahrungsaufnahme im Restaurant am Stadion verweigert hatte). Wir schossen durch die Nacht und auf Axels GPS-Empfänger war die rechtzeitige Ankunft am Airport bereits greifbar. Durch lautes Fluchen des Fahrers wurden wir aus dem Schlaf aufgeschreck: “Shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit…” Parallel dazu rollte unser Bolide auf dem Standstreifen aus und kam zum Stehen. Auf dem Standstreifen stehend, spürten wir, dass ukrainische Abende außerhalbe der Stadt und fernab eines Hotels extrem ungemütlich sind. Der Fahrer verschwand abwechselnd kopfüber im Motorraum, im Kofferraum oder hinter der leicht umgeklappten Rückbank. Gereon und Daniel beobachteten das Geschehen, wohingegen Axel in bestem kyrillisch-englisch die Kommunikation mit dem Fahrer aufrecht hielt. Ein deutscher Taxifahrer hätte den ADAC gerufen bzw. wäre nach Hause gegangen, nicht so unser MacGyver, der alte Tausendsassa spannte mit Hilfe von zwei Schraubenschlüsseln und dem zwischen den Zähnen als Lichtquelle eingeklemmten Handy (versuch das mal mit einem iphone!) den Keilriemen neu, der während der Fahrt an Spannung verloren hatte. Wahnsinn!!! Axel und Daniel hatten innerlich schon geplant, wie viel Bier man auf der Zugfahrt im Nachtzug Kiew – Berlin braucht, während Gereon zu überlegen schien, welcher der vorbeiziehenden LKWs ihn wohl für welche Summe zum Flughafen fährt.
An Schlafen war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zu denken, doch nach vier Stunden Fahrt erreichten wir den Flughafen und hatten nun noch zwei Stunden Zeit, bis der Flieger nach Köln abheben sollte. Jegliche Aufregung war also für die Katz – und Daniel beleidigt, weil er in Poltawa ohne jede Frage ein Trikot gefangen hätte! Die letzten Büchsen Bier wurde geleert und dann bestiegen die drei Musketiere Wizz-Flieger. Eine unglaubliche Reise nahm ihr Ende. Und die drei Reisenden sind sich sicher, dass so eine 96-Reise mit gefühlt 300 Mitreisenden doch etwas ganz, ganz Besonderes ist. Wahrscheinlich gibt es eine solche Konstellation nur ein einziges Mal im 96-Fanleben, wie oft hat man mit seiner Mannschaft schon die Möglichkeit, das Ende der Welt zu bereisen.
Fazit: check Tommy!
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