Nach gut 90 Minuten Abstiegskampf waren wir so kaputt als ob wir selbst auf dem Platz gestanden hatten. Das war aber egal, denn Hannover 96 hatte nach Monaten der Erfolglosigkeit endlich, endlich mal wieder ein Spiel gewonnen. Da war es egal, dass das Spiel auszufallen drohte, dass unglaublich schlechter Fussball gezeigt wurde und dass es ziemlich kalt im Breisgau war. Aber der Reihe nach…
Mit fünf 96 KÖLSCHEN machten wir uns am Freitag gen Süden auf. Dank flüssig Brot aus grünen Flaschen war die Fahrt im Auto von Papa Henrik (der den pünktlichen Hannes zu seinem ersten Beifahrer machte) trotz zusammengepferchter Sitzposition auszuhalten und dank Queens “Bohemian Rhapsody” mit der rockenden Rückbank (Daniel, Benni und Klaas) sogar sehr unterhaltsam.
In Freiburg gabelten wir unseren Präsidenten Alex auf, der im Hotel mit badischem Staatsbräu in Fünf-Liter-Fässern auf uns wartete. Hopfig, malzig gestärkt besuchten wir die Innenstadt und trafen Gazza im “Schlappen”, einer Studentenkneipe im Herzen Freiburgs.
Nach Ladenschluss führte der Weg ins “Tacheles”, wo in kleinen Schwarzwaldhütten getrunken und auf der Tanzfläche abgehottet wurde bis das Licht anging. Und auch in den Straßen der Stadt breitete sich das Tageslicht langsam aus, so dass wir die Heimreise zum Hotel im
Industriegebiet Freiburg-Süd schlummernd zurücklegten. Zumindest lag da noch kein Schnee auf den Straßen…
…das sah am nächsten Morgen ganz anders aus. Seit 7 Uhr (laut Herbergsvater) bzw. 7.38 (nach den Worten des Fanbeauftragten) kämpfte sich der Winter zurück in die Stadt, die sonst nur Schlagzeilen damit macht, dass sie die meisten Sonnenstunden in Deutschland zu bieten hat.
An diesem Samstag lieferte die Schlagzeilen allerdings der örtliche Bundesligist, dessen Heimspiel gegen Hannover 96 auszufallen drohte. Beim Frühstück gegen halb 1 in der “Lindenmatte” (Tiefkühlschnitzel – Pute oder Schwein – mit Bratkartoffeln aus der Tiefkühltruhe) war ein Anpfiff noch nicht sicher.
Zum Glück hatten wir auf der Taxifahrt in die Kneipe unter afghanischer Leitung noch Queen gehört, so dass wir noch von diesem ersten Highlight des Tages zehren konnten und uns beim Blick aus dem Fenster nur wenige Sorgen machten.
Eine Stunde später entschied dann Schiedsrichter Thorsten Kienhöfer vom SC Constantin Herne, dass der Abstiegskampf an diesem Tag trotz Schneegestöber in die alles entscheidende Phase gehen würde nachdem Freiburger Helfer das Spielfeld zwei Mal geräumt hatten.
Zum Glück.
Finally verköstigt – wahlweise mit Spagetti Bolognese oder Bier aus Krug bzw. Tulpe – machten wir uns auf den Weg ins zweitkleinste Bundesligastadion, wo sich etwa 700 Fans der Roten unter die insgesamt 19.100 Zuschauer gemischt hatten. Unter anderem auch der 96 KÖLSCHE Christoph, der sich noch am Spieltag in den Zug gesetzt hatte, um seinen Lieblingsverein zu
unterstützen.
Die Partie war sicherlich nicht sehr ansehnlich für objektive Fussballästheten, aber für die Unterstützer der beiden Mannschaften ergaben sich trotz (oder vielleicht auch gerade wegen) unzähliger Abspielfehler, mäßigem Spielaufbau und großer Nervosität auf beiden Seiten viele Momente zum Mitfiebern und Aufregen, zum Ärgern und zum Abfeiern.
Zum Glück hatte der Gästeblock einen Grund mehr zu Letzterem als die Gastgeber:
- 63. Minute: Elson nutzt die zu kurze Abwehr von Bastians und schlenzt den Ball von der Strafraumgrenze ins rechte obere Eck (sein dritter Treffer gegen den SC in dieser Saison: zwei für den VfB, einer für 96)
- 70.Minute: Nach einer Ecke der Freiburger klärt die 96-Abwehr den Ball mit einer Bogenlampe, Makiadi köpft zum eingewechselten Schuster, der den Ball über die unsortierte 96 Abwehr zum ebenfalls eingewechselten Abdessaki “bogenlampt”, der freistehend mit links per Volleyschuss ins rechte untere Eck trifft (das erste Tor der Freiburger im eigenen Stadion nach über zehn Stunden Spielzeit)
- 73.Minute: Freistoß vom eingewechselten Arnold Bruggink aus etwa 30 Metern, den Papiss Demba Cissé per Kopf unhaltbar ins eigene Tor ablenkt (vorne war der senegalesische Stürmer zum Glück nur durch Pech und Unvermögen aufgefallen).
Danach begann das große Zittern, denn Freiburg machte vor allem nach Standardsituationen mächtig Druck. Mehr als ein Pfostentreffer kam nicht dabei raus.
Nach einer unglaublich langen und schwer nachzuvollziehenden Nachspielzeit war dann endlich Schluss. Fromlowitz und Andreasen sprangen auf den Zaun vor dem Gästefanblock und
feierten mit den 96-Fans, die – bis auf in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit – ihr Team lautstark unterstützt hatten. Alle (!) Spieler bildeten einen Kreis und hüpften vor Glück (schon nach dem Führungstreffer war es toll mit anzusehen wie die Ersatzspieler Eggimann
oder Hanke schier ausrasteten vor Freude – ein Zeichen dafür, dass da eine Mannschaft zusammen gegen den Abstieg kämpft). Eine große Last fiel von den Schultern der Aktiven und auch dem Trainer- und Betreuerstab konnte man die Erleichterung ansehen.
Im Fanblock lagen sich erwachsene Menschen überglücklich in den Armen und einige Freudentränen wurden ob des ersten Sieges nach Monaten verdrückt. Und auch nachdem sich die Mannschaft in die Kabine zurückgezogen hatte, wollte kaum ein 96er das Stadion verlassen. Erst nachdem ein paar Profis zur Hymne “96 – Alte Liebe” noch einmal mit Badelatschen an den Füßen zurück zum Block kamen und die Jungs sich mit den tanzenden Ivorern an der Spitze noch einmal feiern gelassen hatten, verließen alle etwa 45 Minuten nach dem Abpfiff mit dem Gesang “Wir woll´n jetzt saufen gehen” das Stadion.
Dieses Motto setzte die 96 KÖLSCH Fraktion im Irish Pub “Isle of Innisfree” in die Tat um. Bei
Bundesligafussball auf der Leinwand stärkten wir uns mit (was sonst) Schnitzel mit Pommes und genossen dazu einige Siegerbiere. Die Trrinklaune war dann beim Auftritt der Coverband “Professor Alban und die Heimleuchter” so groß, dass die Pilsvorräte des Pubs irgendwann
aufgebraucht waren. Wir hatten also (völlig zurecht) “die Kneipe leer gesoffen” wie Hannes so treffend formulierte und bekamen dazu noch jeder anlässlich der “Mad Hatters Party” an diesem Abend eine äußerst (un)ansehnliche Kopfbeckung (dreiblättrige Kleeblätter oder Guinnes
Hüte).
Leider war für den Sonntag dann die eingeplante Partie von Darmstadt 98 wegen der schlechten Wetterverhältnisse verlegt worden, so dass wir ohne Umwege nach einem
köstlichen Brunch im “Dreisam Café” die Heimreise antraten.
Die Stimmung war dank des Auswärtssieges gelöst, so dass auch die Mitteilung vom Sieg der
Nürnberger gegen Spitzenreiter Leverkusen uns die Laune nicht verhageln konnte, denn wir hatten ein fantastisches Wochenende in Freiburg hinter uns und sind uns sicher:
“96 – du wirst niemals untergehen”.
Bildliche Eindrücke dieser unvergesslichen Reise gibt es hier .
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