SpVgg Elversberg – Hannover 96 5:4 (0:0, 0:0) am 14.08.2010

„DFB Pokal mit 96“ oder „Der Weg ist das Ziel“ – Was bewegt eine Gruppe von neun Fußballfreunden von Köln über Pirmasens nach Elversberg zu fahren? Eine Reise in die Vergangenheit? Nein. Gegen den FK Pirmasens hat 96 zwar Mal in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga 1964 gespielt, als man unter anderem nach einem 4:0 Auswärtserfolg im Städtischen Stadion Husterhöhe feierte und neben Bayern München ins Fußballoberhaus aufstieg. Aber diese Reise Mitte August 2010 trat “96 Kölsch” an, um den “Roten Riesen” in Elversberg dabei zuzuschauen, wie sie zu den “Ocker-Zwergen” wurden. Eigentlich sollte Elversberg nur eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Berlin sein, aber leider wird der DFB-Pokal 2010/2011 den “96 Kölschen” nur als eine Reise nach Elversberg mit Zwischenstopp Pirmasens bleiben.

Los gings aber erstmal gut gelaunt um 10 Uhr. Vom Autoverleiher unseres Vertrauens gab es einen Neun-Sitzer, der mit gekühltem Bier beladen und am Bahnhof Ehrenfeld mit dem nötigen Fensterschmuck versehen wurde: „Titten raus, Hannover kommt“ war die Aufforderung, der leider nur Mitfahrer Folge leisteten.

Zuletzt stieg Dieter zu, komplettierte die Reisegruppe und versorgte die entspannten Wahl-Domstädter mit ganz hervorragenden Knastpralinen. Mit Wohlgefühl im Magen steuerte “96 Kölsch” bei feinstem Fußballwetter Richtung Pfalz. Nach knapp dreistündiger Fahrt erreichte man Pirmasens, wo viele sich ob der 96-Gewänder wunderten und sich wohl klammheimlich die Frage stellten: „Bin ich hier falsch? Oder die?“

Alle waren richtig und das Stadion Husterhöhe gut gefüllt, schließlich waren die Pillendreher aus Leverkusen zugelost worden und die Fans von „Die Klub“ hofften auf die nächste Sensation, nachdem „Die Klub“ 2006 den SV Werder Bremen aus dem Wettbewerb geschmissen hatte. (“Die Klub” mag zwar grammatikalisch für den Linguisten befremdlich klingen, dem Unterpfälzer geht dieses wertvolle Vereinsprädikat aber ganz locker über die Lippen und so prangt der Titel auch auf Wappen, Fahnen und Schals.)

Aus Leverkusen waren einige hundert Bayer-Mitglieder angereist, die ihr Team über 90 Minuten ordentliche unterstützten. Peinlich wurde es nur, als die Leverkusener sich zu „Scheiß Pirmasens“-Rufen hinreißen ließen. Die insgesamt wenig sangesfreudige Anhängerschaft im Stadion an der “Georgia Avenue” konterte lässig mit einem „Eure Kinder gehen zum FC Köln“.

Ansonsten beließen es die Pirmasenser bei rhytmischer Klatsch-Anfeuerung, was wohl auch daran liegt, dass es zwei unterschiedliche Fan-Gruppierungen gibt, die sich spinnefeind sind. Eine politisch rechts, die andere politisch links – da geht wenig zusammen.

Mehr ging dafür in den ersten 45 Minuten bei den Gastgebern. Der Fünftligist hielt ordentlich dagegen, hatte teilweise sogar mehr vom Spiel und zunächst die besseren Möglichkeiten als der Favorit vom Rhein. Selbst die altbekannte Abseitsfalle, bei der alle Abwehrspieler gleichzeitig ein paar Meter nach vorne sprinten und den Gegner beim Freistoß aus dem Halbfeld im Abseits stehen lassen, schnappte zu. Leider versuchte „Die Klub“ das Spielchen zwei Mal. Bei der Wiederholung leider ohne Erfolg, so dass Nationalspieler Kießling ohne Probleme zur unverdienten Gästeführung einnetzen konnte.

In Halbzeit 2 war Bayer dann deutlich besser. Nachdem der Bann nach einem Helmes-Treffer in der 47. Minute gebrochen war, fielen die Tore am laufenden Band. Dem Oberligisten gelang zwar noch ein Ehrentreffer, aber insgesamt wurde „Die Klub“ vorgeführt und verlor auch in der Höhe verdient mit 11:1.

Von dem Torreigen bekamen einige „96 Kölsche“ allerdings nichts mit. Lange Wartezeiten an den Bierständen sorgten dafür, dass einige nur zwei oder drei Tore sahen. Bei einem Dutzend Tore eine Quote von 25 %.

Besser war die Quote an der Kiste im “Titten raus”-Mobil, so dass die Fahrt ins 40 Kilometer entfernte Elversberg mit hervorragendem Liedgut verkürzt wurde.

In Elversberg war das Waldstadion Kaiserlinde direkt an der A8 schnell gefunden. Etwa 500 Meter vom in den Berg gehauenen Rund parkten wir das Gefährt und genossen letzte Getränke vor dem Gang zum Pokalspiel.

Unsere Plätze hinter dem Tor waren schnell erreicht und bei Bier zu 2 €uro, Köstlichkeiten vom Grill und der Lektüre des Elversberger Stadionmagazins war die Zeit bis zum Anpfiff schnell vorüber.

Die Roten – dieses Mal in Ocker gewandet – traten mit den Neuzugängen Pogatetz und Carlitos an. Beide sollten in dieser Partie je eine der wenigen Möglichkeiten für 96 haben. Ein Freistoß vom Portugiesen brachte aber ebenso wenig ein wie ein Kopfball vom Österreicher.

Auch ein Schuss von Forssell flog nur über das Tor.

Das war es. Mehr Möglichkeiten verdienten sich die Hannoveraner nicht.

Es war ein Trauerspiel.

Elversberg igelte sich zwar zeitweilig in der eigenen Hälfte ein und machte es den Gästen schwer sich bis vor das Tor der Sportvereinigung Elversberg durchzuspielen – was aus Sicht des Viertligisten das beste Verteidigungsmittel war. Aber die wenigen Angriffe des Regionalligisten waren dazu noch deutlich gefährlicher als jegliche Bemühung des Bundesligisten.

Es wird einem Angst und Bange wenn man sieht wie ungefährlich Hanke und Forssell spielen, wie zweikampfschwach Carlitos und Schlaudraff sind und wie ungenau die Bälle von Pinto, Schmiedebach oder Stindl sind.

Schon während des Spiels hatten einige Schlachtenbummler aus Hannover Rauchbomben gezündet, die sie in Jutesäcken einfach über den Zaun werfen konnten. Der Ordnungsdienst stand schließlich nur direkt hinter dem Eingang. Und die Polizei saß auf Autobahnabsperrungen herum, die im Waldstadion vor dem Sturz den Hang hinab schützen.

Nach dem Spiel brach dann unglaubliche Aggression los. Die Mannschaft wurde zurecht beschimpft. Einige Spieler versuchten sich zaghaft klatschend dem Gästeblock zu nähern. Bogen am Strafraum aber ab, weil sie erkennen mussten, dass nach diesem äußerst schwachen Auftritt kein Fan näheren Kontakt wünschte.

Die besondere Bindung zwischen Mannschaft und Fans, die in der letzten Saison den Kraftakt für den Ligaverbleib möglich gemacht hat, scheint schon aufgelöst. Die Kritik an Trainer und Manager war deutlich vernehmbar. Dass dann einige Dutzend Fans den Mannschaftsbus bei der Abreise blockierten war dann für einige die nötige Aktion, um den Spielern und Funktionären klarzumachen, dass man nicht gewillt ist in der Zukunft hunderte Kilometer zu reisen, um sich dann saft- und kraftlose Auftritte anzuschauen, die jeglichen Einsatz- und Kampfeswillen vermissen lassen.

Von dieser Blockade und unschönen persönlichen oder handgreiflichen Anfeindungen des 96-Teams haben die „96 Kölschen“ nichts mitbekommen.

Niedergeschlagen schleppte man sich zum Bus und die Trauer über den Auftritt der Mannschaft und die Angst vor der kommenden Saison stand jedem ins Gesicht geschrieben.

Im Laufe der Fahrt konnten flüssig Brot und altbekanntes Liedgut von den Beatles über Elvis und Gina Wild bis hin zum Herkendellschen Knittelreim die Fahrt erträglich machen. Wieder einmal zeigte sich, dass das schöne an den 96-Spielen oft leider die Fahrt ist und dass auch der vulgärste Gesang manchmal schöner ist als ein Spiel des Lieblingsvereins.

Nach 17 Stunden Reisezeit stand unser „Titten raus“ – Mobil wieder beim Besitzer.

“96 Kölsch” bereitet sich innerlich auf 34 Spieltage Abstiegskampf vor. Wollen wir hoffen, dass die Kicker das auch tun.

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