Borussia Dortmund – Hannover 96 4:1 (0:0) am 02.04.2011 um 15:30 Uhr

“Wir sind hierher gefahren und haben gesagt: Okay wenn wir verlieren, fahren wir wieder nach Hause.” (Marko Rehmer)

Zugegeben, es hätte jeden 96-Kölschen gefreut, utopische drei Punkte aus dem Dortmunder Signal-Iduna-Park an die Leine zu entführen. Jürgen Klopp, der bei Toren seiner Borussen des Öfteren zum Rockstar, Flötenspieler oder Rumpelstilzchen mutiert einmal traurig zu erleben. Oder halt wütend. 80.000 in Biene-Maja-Kostümen gekleidete Frauen und Männer stumm zu sehen. Freilich, die Vorstellung hat was.

Ohne Präsi Axel, der bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen mit dem Drahtesel nach Dortmund gurkte und der Meute zur Sicherheit Bier dagelassen hatte (Danke Axel!), setzte sich der Regionalexpress um 11.49 Uhr Richtung Ruhrpott in Bewegung. Manu, ihres Zeichens Hobby-Fotografin, machte gleich ein paar schöne Aufnahmen von meiner Wenigkeit. Woraufhin ich, inspiriert und von der Muse geküsst, es ihr gleichtat. Jetzt haben wir beide schöne Fotos von unseren Dekollet… ähhh Gesichtern. So ganz normale Bilder gibt es übrigens auch.

Im Zug saß unser lieber Freund Benni, seines Zeichens Dortmund-Anhänger und 96-Sympathisant. Ich bin der Meinung, seine Lippen bewegten sich, als Klaas in gewohnter Ramm-Tamm-Tamm-Manier die ersten Gesänge anstimmte. Und so tuckerten wir unseres Weges, seltsam entspannt und in ständiger Konversation mit BVB-Fans stehend.

Was mir persönlich bisweilen entgangen war: die Pfandflaschensammler mit ihren riesigen, prall gefüllten Beuteln. So habe ich mir nachträglich erklären lassen, dass Müll, der in Müllbehälter der Deutschen Bahn geworfen wird, gleichzeitig Eigentum der Deutschen Bahn ist. Und die armen Pfandflaschensammler sich strafbar machen. Aha.Im Dortmunder Hauptbahnhof gestrandet, gesellte sich René zur Bande hinzu. Und weil René und Fürstin Maria ja ein und diesselbe Person sind, wurden alle erst einmal geherzt. Knuffig.

Die nächste Erfahrung, die ich an diesem Bundesliga-Nachmittag machen durfte: Wenn du schon eine halbe Stunde brauchst, bist du eine Toilette gefunden und sie dann auch aufgesucht hast, musste du spätestens nach zehn Minuten wieder auf’s stille Örtchen. Was eine Lektion.Und weil Mitglieder von 96Kölsch ja eher zur schlauen Sorte gehören, hier ein Tipp für anreisende Auswärtsfans: Wer die U-Bahn gen Stadion nehmen möchte und keine Lust auf nerviges Anstehen hat, der fahre zunächst in die entgegengesetze Richtung, steige eine Station später aus und nehme dort den richtigen Zug. Voilá, Reisen leicht gemacht! Auch auf dieser Strecke wurde wieder ordentlich geträllert. Lediglich der Schulausflug, allen voran ein mutiger kleiner Piepmatz, skandierte: „Bayern München!“ Aber mien Jung, die sind doch nur Tabellenvierter…

Entgegen aller Erwartungen fielen die Einlasskontrollen im Signal-Iduna-Park doch recht lasch aus. Die Damen der Zunft mussten die Kontrolleure fast zwingen, einen Blick ins Täschchen zu riskieren. Getreu dem Motto: Zum jetzigen Zeitpunkt dürfte es sich um das sicherste Bundesligaspiel aller Zeiten handeln. Toll. Liebe Borussen, nehmt euch doch ein Beispiel an Leverkusen und den Menschen ihre Krankenhausverträge weg. Sonst brennt nachher noch irgendetwas an. Kurzum: die Hotdogs waren nicht verbrannt, sie schmeckten gar köstlich. Dafür Daumen hoch.

Zu den 90 Minuten auf dem Platz und der Stimmung im ehemaligen Westfalenstadion sei gesagt: „You never walk alone“ als Hymne vor dem Apfiff zollt nicht wirklich von Kreativität, eine solche Kulisse gepaart mit 25 Grad Außentemperatur sorgt dagegen für eine perfekte Fußballatmosphäre.

Die Partie begann und mit ihr wurden sämtliche BVB-Anhänger doch relativ still. Echte Torchancen waren in Hälfte eins Mangelware, von Hannoveraner Seite fehlte das letzte bisschen Durchschlagskraft in der gegnerischen Hälfte. Didier Ya Konan, auch bekannt als Wirbelwind von der Elfenbeinküste, schaffte es zwar bis vor den Kasten von BVB-Keeper Roman Weidenfeller, wirkliche Torgefahr allerdings konnte auch er nicht verbreiten.
Glück hatten die Roten bei einem Schuss von Lucas Barrios, der nach knapp 20 Minuten den Ball freistehend vor Florian Fromlowitz nicht richtig erwischte.Glück hatte auch der gesamte 96-Kölsch-Trupp. Glück, dass die Wenigsten schwindelfrei waren und der Rest im Gästeblock weder nach links, noch nach rechts blickte.Guter Dinge erfolgte der Start in Halbzeit Nummero zwei, gleiches Bild: Mäßiger Kick, aber die Roten von der Leine gaben nach wie vor ihr Bestes.

Dann kam die 57. Minute. Nach einer, mal wieder top-secret einstudierten Eckballvariation trifft Mohammed Abdellaoue per Kopf. 80.000 in Biene-Maja-Kostümen gekleidete Frauen und Männer halten den Atem an. 3000 Hannoveraner liegen sich in den Armen, wissen sie doch: zum jetzigen Zeitpunkt kann nichts mehr schiefgehen. 96 führt, hat nach einer Führung in dieser Saison noch nicht verloren, Corinna fotografiert noch schnell den Spielstand auf der Anzeigetafel.

Gerade rechtzeitig, denn nur zwei Minuten später ist es vorbei mit der roten Glückseligkeit. Sowohl Sergio Pinto, als auch Emanuel Pogatetz, beide nicht zimperlich im Umgang mit dem Gegner, verpassen es Mario Götze von den Beinen zu holen. Götze marschiert und zu allem Überfluss drückt Karim Haggui den Ball per missglücktem Klärungsversuch selber über die Linie. Zwei Minuten Glückseligkeit – futsch.Als 96-Fan weißt du in solch einer Situation, dass deine Mannschaft jetzt unter gar keinen Umständen ein zweites Tor kassieren darf.

Denn dann ist die Suppe gegessen, der Pudding gelöffelt, die Flasche Jägermeister zerborsten. Dumm nur, wenn dein Gegner der zukünftige Deutsche Meister ist und es exakt fünf Minuten später wieder klingelt. Und es sich nicht um den Postboten mit 20 Flugtickets zum Sandstrand handelt.Um es abzukürzen – 96 verliert am Ende mit 1:4. Sang- und klanglos, ohne Gegenwehr.

Jürgen Klopp rastet vollkommen aus – auf die Art und Weise wird der beim Tapezieren keinen Kleister an die Wand schmieren können. Das Ergebnis spiegelt den Spielverlauf nicht wirklich wieder, es offenbart nur Schwächen, die bis zum Europapokal nächste Saison abgestellt werden müssen. Bayern München rückt vor auf Platz drei. Wobei ich ja vermute, dass sich das am nächsten Spieltag wieder ändern wird…

Beim Spiel-Revue-passieren-lassen im Biergarten der Roten Erde, gleich neben dem Signal-Iduna-Park, fallen zwei Dinge auf: Hannes kann zwar in die Sonne gucken, dem Blick der neongrell-gelben Dortmunder Trikots aus vergangenen Zeiten allerdings nicht standhalten. Und diese Niederlage tut nicht weh. Marko Rehmer hatte Recht. Frei nach dem Motto “Wir sind hierher gefahren und haben gesagt: Okay wenn wir verlieren, fahren wir wieder nach Hause.” Nie hat McDonalds-Essen dermaßen lecker geschmeckt, nie war eine Rückfahrt entspannter. Dortmund kriegt wohl die Schale, aber na und? Dafür hatten wir Tokio-Hotel-Bill im Zug…

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96 KÖLSCH