Borussia Mönchengladbach – Hannover 96 1:0 (1:0) am 17.03.2013 um 17:30 Uhr

„Manchmal geht es nicht so wie man will“

Wie mittlerweile der ein oder andere wissen dürfte, habe ich Verwandtschaft im derzeit fußballerisch unterprivilegierten Aachen. Da dem Fußballsport in der Familie dort trotz nicht unwesentlicher Begabung des Sohnes und ehrlichem Interesse auch der Tochter keine besondere Beachtung geschenkt wird, ist es Aufgabe des Onkels aus der Großstadt, hier die richtigen Weichenstellungen zu veranlassen. Dies ist im Alter von acht bzw. zehn Jahren gar nicht so einfach und so wurden in den vergangenen Jahren schon so einige überschätzte Gammeltruppen aus der näheren und weiteren Umgebung kurzzeitig als Favoriten auserkoren. Um den Nachwuchs von den (eigentlich so offensichtlichen) Vorzügen des großartigen HSV von 1896 zu überzeugen bedarf es daher eines ausgeklügelten Programms. Neben einseitiger Auswahl der Geburtstagsgeschenke kann dafür vor allem der Stadionbesuch genutzt werden, denn dazu haben Mama und Papa selten Lust. Punktuell waren hier bereits Erfolge zu verbuchen: „Du, Hannes, ich bin ja Bayern-Fan, und Dortmund, aber Hannover 96 auch – weil du die so gerne magst.”

Vergangenen Sonntag sollte also nun der nächste Schritt der sukzessiven Infiltrierung vollzogen werden, gemeinsam mit Linda beim Auswärtsspiel in Mönchengladbach. Also das volle Programm. Abholung mit dem 96-Mobil zuhause in Aachen, hier zunächst die Wahl zwischen diversen mitgebrachten Trikots, Pullis, Schals und Mützen. Im Auto bereits Cola und Kekse, dazu penetrante 96-Beschallung und – oh Wunder – „Alte Liebe“ finden beide toll und können bald mitsingen. In Rheydt wird auf den Bus umgestiegen und beim zufälligen Treffen mit dem Rest der 96-Kölschen kann mit einer Handvoll Aufklebern gepunktet werden (inklusive Tipp wo die besonders schwer wieder abgehen). Doch die Anfahrt ist lang und der Bus voll mit minderlustigen Gladbachern; das erste „Wann sind wir endlich daaa?“ muss pariert werden.
Am Stadion angekommen und den Kindern – trotz OBKs freundlichem Hinweis – wildpinkelnde Frauen vorenthalten, geht es in die Vollen: Jeder darf essen und trinken was er will: Pommes-Mayo, Cola, Bratwurst-Ketchup, Fanta, Bier (– also für mich). Dann beginnt leider das, was an einem schönen Fußballnachmittag auf Auswärtsfahrt nicht selten den Tiefpunkt darstellt: Das Spiel. Noch bevor ich den Rest der kaltgewordenen Bratwurst und Pommes essen darf beginnt die Quengelei. Ich kann es den Kindern nicht verübeln, ich quengele ja auch – in Form von pöbeln. Ja, dies ist glaube ich spätestens in Halbzeit 2 das einzige, was die Beiden dann noch bei Laune hält. Komisch, man erntet viel mehr vorwurfsvolle Blicke von anderen, wenn zwei Grundschüler neben einem sitzen und man „beweg jetzt dein´scheiß Arsch“ brüllt als ohne.

Dann Abpfiff. Schlimm genug dass man selber Lust hat irgendwo reinzuschlagen, aber nun heißt es zwei unzufriedene, gelangweilte, frustrierte, frierende und müde Kinder wieder aufzumuntern. „Hey, nächstes Mal gewinnen die bestimmt wieder! – Der Schiri war aber auch unfair! – Die Gladbacher hatten ja bloß Glück! – Wer will noch Pommes?“ Erst mit: „Schaut mal, die schießen Gratis-Fußbälle ins Publikum!“ kriege ich sie. Eine dumme Idee. Natürlich sind haufenweise Halbstarke der eingeborenen Dorfjugend schneller und erfolgreicher. Jetzt rollen Tränen. Der Hinweis auf die hässliche blau-gelbe Farbe der Dinger tröstet auch wenig. Auf dem Weg zum Bus dann das endgültig vernichtende Urteil: „Du, Hannes, Fußball gucke ich eigentlich lieber im Fernsehn.“ —- Na schönen Dank auch. Sauber. Nen Sonntag geopfert, 100 Tacken für 4 Tix gelatzt, ne halbe Tankfüllung vergurkt, gute Mine zu schlechtem und teuren Stadionfraß gemacht, fast nüchtern einen Grottenkick ertragen und dann die ernüchternde Wahrheit: War alles fürn Arsch.

Im Auto dann (wohl zur Versöhnung) der erneute Wunsch nach der 96-Hymne. Die könnse haben. Bis wir in Aachen sind beherrschen beide den kompletten Text und singen ihn auch Papa an der Haustür vor: „Rot steht dir sehr viel besser als gelb-blau!“ „Ob man sich den Song auf den i-Pod ziehen kann?“ – aber sicher! Und die zu enge 96-Kölsch-Mütze gibt’s noch als Geschenk obendrauf.
So endet der Tag doch noch ein wenig versöhnlich und ich mache mir Hoffnungen, beim nächten Angebot für ein 96 Heim(!)spiel nicht eiskalt einen Korb zu bekommen.

Zum Geburtstag in zwei Wochen gibt es dann übrigens einen Ball von 96. Habe ich gleich am Montag bestellt.

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96 KÖLSCH